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Wie bin ich auf dieses Spiel aufmerksam geworden?
In 2018 bin ich auf der Berliner Brettspiel Con an einem Stand vorbei geschlichen, an dem ein Spiel mit Sichtschirmen in Handform und darauf aufgesteckten Ringen mich in seinen Bann zog. Leider hatte ich damals nicht die Gelegenheit für eine Proberunde. Die eingesammelte Fördersumme aus der Spieleschmiede und der englischen Kampagne (81.410 EUR) verrät jedoch, dass ich nicht der einzige bin, dessen Neugier geweckt wurde. Mein Brettspielkamerad hatte sich dann auf der Spiel ´18 noch ein Exemplar zugelegt, das wir dann gestern erstmals ausprobierten.

Worum geht es bei Tudor (Thema)?
Das Setting dieses Eurogames spielt am Hofe von König Heinrich VIII. Jeder Spieler versucht, die Mitglieder seiner Familie (=Meeple) möglichst effizient entweder die Karriereleiter emporsteigen zu lassen oder wertvolle Aktionen in den Audienzzimmern der Lords auszuführen. Die auf dem Sichtschirm aufgesteckten bunten Ringe bringen einem bei diesen Aktionen Vorteile, in dem sie Aktionen verstärken bzw. überhaupt ermöglichen. Die Rundenzahl variiert je nach Spielerzahl. Im Spiel zu Dritt ist Sieger, wer nach vier Runden die meisten Siegpunkte gesammelt hat.

Wie funktioniert Tudor (Mechanik)?
Die Runden sind jeweils in zwei Phasen geteilt. In der ersten Phase setzen die Spieler abwechselnd ihre beiden Höflinge auf die Wartebänke vor einem von drei Audienzzimmern. In jedem Audienzzimmer können zwei unterschiedliche Aktionen ausgeführt werden. Anschließend werden diese auf die Stühle in den jeweiligen Audienzzimmern verschoben. Bis hierhin meint der geneigte Eurogamer „schon in eine Millionen andere Spiele gesehen“. Allerdings kommt es nun zu einem interessanten Kniff. Nach dem setzen der Höflinge setzt jeder Spieler nun reihum seinen „Lord“ in einen der drei Audienzzimmer (dieser kann sogar beide Aktionen in seinem Zimmer ausführen). Nur falls sich ein Lord in einem Raum mit Höflingen befindet, können die Höflinge auch die gewünschten Aktionen ausführen. Anderenfalls bleiben als Trost nur (relativ schwache) Hilfsaktionen für die lordlosen Höflinge. Dieser Mechanismus erinnert mich entfernt an Roll for the Galaxy, da man auch dort zunächst seine Aktionen plant und es u.a. von den Mitspielern abhängt, ob die Aktionen überhaupt durchgeführt werden können.
In der zweiten Spielphase werden nun reihum die gewählten Aktionen ausgeführt. In der Regel möchte man seine Höflinge aus dem persönlichen Vorrat die in einzelne Segmente eingeteilte Hofleisten aufsteigen lassen. Dafür wiederum benötigt man die entsprechenden Karten (die mit den auf den Feldern liegenden farbigen Plättchen übereinstimmen müssen) oder die Ringe (auch diese müssen mit den Feldern, die man betreten möchte, übereinstimmen). Die Variation kommt in Tudor durch die unterschiedlichen Wertungs- und Situationskarten. Im vorgeschlagenen Anfängerszenario bringen besonders der schnelle Aufstieg auf den Hofleisten und das Sammeln gleichfarbiger Plättchen viele Siegpunkte ein.

Was hat gefallen?
1. Die Idee mit den Ringen
Fühlt sich sehr frisch an. Insbesondere dadurch, dass man im Spielverlauf auch öfter die Möglichkeit hat, neue Ringe zu erhalten bzw. zu tauschen macht das Spiel sehr taktisch.
2. Die Varianz
Zugegebenermaßen war ich nach der Erstpartie ziemlich ernüchtert, weil ich dachte, dass jede folgende Partie zwangsläufig zu den exakt gleichen taktischen Handlungen (gleichartige Plättchen sammeln und/oder die Hofleisten möglichst schnell voran schreiten) führen würde. Durch die verschiedenen Wertungs- und Situationskarten ergeben sich jedoch z.T. komplett andere taktische Möglichkeiten.
3. Das Thema
Obwohl bei vielen Eurogames das Thema kaum oder gar nicht spürbar ist, macht Tudor mit der Kombination aus Material (Spielbrett, Ringe, Sichtschirm) und Mechanik (Aufstieg bei den Hochleisten) thematisch sehr viel richtig.

Was ist zu bemängeln?
1. Der Sichtschirm
So erfrischend die Idee mit den Ringen ist, so schlecht ist die Umsetzung mit den Sichtschirmen gelungen. In unserer Partie fielen diese mehrfach um. Ein Spielkamerad legte seine Hand daher für den Rest des Spiels waagerecht vor sich ab. Dadurch verpuffte die Wirkung der Ringe ziemlich.
2. AP-Risiko
Durch den Zusammenhang aus Setkollektion (entweder passend farbige Ringe oder Karten) und den gewünschten Bewegungsaktionen, kann der Spielverlauf durch grübellastige Spieler definitiv  ausgebremst werden. Zudem zwingen einen die Aktionen des Gegners mitunter zu einem spontanen Umdenken. Das mag nicht jeder Eurogamer.

Würde ich es nochmal spielen?
Durchaus! Durch die unterschiedlichen Wertungs- und Situationskarten entstehen interessante andere taktische Möglichkeiten. Zudem hat das Spielbrett auf der einen Seite eine zweier Variante. Daher bin ich gespannt, wie sich eine Partie zu zweit spielt.

Fazit
Obwohl die Mechaniken Setkollektion und Workerplacement eigentlich schon ziemlich ausgelutscht sind, schaffen es kreative Spieldesigner immer wieder, dem Eurogenre neues Leben einzuhauchen. Klasse!

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